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Urlaub im Spreewald: Längst nicht nur für Rentner

Auf den ersten Blick kann der Spreewald im Südosten Brandenburgs vielleicht nicht mit Bali und Sansibar mithalten, aber eben nur auf den ersten Blick. Auch in dem deutschen UNESCO-Biosphärenreservat gibt es viel zu entdecken – und das längst nicht nur für Rentner. Was kann man im Spreewald alles erleben? Wieso sind die Ortsschilder dort auf zwei Sprachen verfasst? Und gibt es im Spreewald wirklich Gurken an jeder Ecke?
SSC, 09.10.2024
Gasthaus zum fröhlichen Hecht in Lehde

© ewg3D, iStock

Schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gilt der Spreewald im Südosten Brandenburgs als beliebtes Ausflugsziel für Touristen. Von damals stammt wahrscheinlich auch die Idee, Reisegruppen per Kahn durch die zahlreichen charakteristischen Wasserwege des Spreewalds schippern zu lassen, um ihnen Höfe und Lokale zu zeigen. Auch heute noch zieht es jedes Jahr etwa zwei Millionen Touristen in das Biosphärenreservat in der Nähe von Berlin. Was können sie dort alles erleben?

Kanal im „Hochwald“ des Spreewalds in Burg.
Kanal im „Hochwald“ des Spreewalds in Burg.

Das Auto mal stehen lassen

Der Spreewald ist durchzogen von schmalen Flüssen, auch Fließe genannt. Touristen können sich an einem der vielen Bootsverleihe Paddelboote leihen und durch die unzähligen Fließe, umgeben von Grün, paddeln. Wer Glück hat, dem begegnet dabei sogar eine Nutria oder eine Ringelnatter. Wer es ruhiger mag, kann über die Fließe auch zu einem der Gasthäuser fahren. Das wohl bekannteste von ihnen, mit dem Namen Wotschofska, das auf der gleichnamigen Insel liegt, ist nur mit dem Boot, Fahrrad oder zu Fuß erreichbar.

Der Ursprung der idyllischen Fließe lässt sich bis in die letzte Eiszeit vor circa 20.000 Jahren zurückverfolgen. Damals floss Schmelzwasser wie feine Wurzeln durch das heutige Gebiet des Spreewalds. Als Pflanzen und Bäume anfingen zu wachsen und den Boden zu verdichten, wurden die Flüsse schließlich in festere Flussbetten gedrückt. Zwischen den Fließen bildeten sich Sandinseln, auf denen ab dem 17. Jahrhundert vereinzelte Siedler ein Zuhause fanden.

Doch komplett natürlich sind die Fließe, die Touristen heute vorfinden, nicht: Die Menschen kanalisierten einige der Wasserläufe und regulierten sie durch Schleusen und Wehre. Zwischen Cottbus am unteren Ende des Spreewalds und Schlepzig am oberen Ende befinden sich etwa 64 Schleusen, die die Höhenunterschiede der Wasserstraßen ausgleichen und die Wasserstände beeinflussen können.

Postzustellung auf dem Wasserweg in Lehde
Postzustellung auf dem Wasserweg in Lehde.

Postkähne und ungewöhnliche Ortsschilder

Ihre Allgegenwärtigkeit macht die Fließe unerlässlich für die Fortbewegung im Spreewald. Ganze Traktoren werden mittels Kahn vom Hof zu den Weiden gefahren, die Feuerwehr hat einen eigenen Feuerwehr-Kahn und auch die Post gibt es – außer im Winter – nur über den Wasserweg. Seit 13 Jahren ist Andrea Bunar Kahnpostbotin für das Dorf Lehde und verteilt Briefe, aber auch schwere Pakete.

Ebenfalls ungewöhnlich: Wer eine Stadt oder ein Dorf im Spreewald betritt, dem fällt meist das zweisprachige Ortsschild auf. So steht gleich unter Lehde das Wort Lědy. Das ist die Ortsbezeichnung auf Niedersorbisch. Die Sorben sind eine slawische Minderheit, die während der Völkerwanderung in den Spreewald kam. Noch heute sind ihre Traditionen und Bräuche ein großer Teil des Zusammenlebens im Spreewald. So bekommen zum Beispiel die sogenannten sorbischen Ostereier mit Hilfe von Wachs und Kratztechniken verschiedene Muster.

Zweisprachiges Ortsschild in Dešno, einem Ortsteil der Gemeinde Dissen-Striesow.
Zweisprachiges Ortsschild in Dešno, einem Ortsteil der Gemeinde Dissen-Striesow.

Gurken als besonderes Souvenir

Touristen können als Souvenir aber nicht nur Ostereier, sondern auch die berühmten Spreewälder Gurken mitnehmen. Sie unterliegen sogar einer geschützten geographischen Angabe, dürfen also nur als solche bezeichnet werden, wenn sie auch wirklich im Spreewald angebaut wurden. Gurken sind für die Region sogar so charakteristisch, dass zu ihren Ehren ein Gurken-Radweg ins Leben gerufen wurde. Beschildert mit einer lachenden, fahrradfahrenden Gurke, führt er 260 Kilometer quer durch den Spreewald. Unterwegs geht es vorbei an verschiedenen Sehenswürdigkeiten wie dem Schloss Lübbenau oder der historischen Altstadt von Cottbus.

Aber warum ausgerechnet Gurken? Im 16. Jahrhundert siedelten sich niederländische Tuchmacher im Spreewald an, um die Tuchmacherei in der Region voranzutreiben. Dies gelang ihnen jedoch nicht und sie begannen stattdessen damit, Gurken anzubauen und zu verkaufen.

Die Samen hatten sie aus ihrer Heimat mitgebracht, denn in den Niederlanden war der Anbau schon länger etabliert. Der Boden im Spreewald erwies sich dabei als hervorragendes Anbaugebiet für die Gurken und durch das Einlegen in Essig oder Salz verlängerte sich zusätzlich ihre Haltbarkeit. Die Spreewälder Gurke war geboren.

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